Dürfen Sie Ihre Bewerbung von ChatGPT schreiben lassen? Grundsätzlich lautet die Antwort: Ja, Sie dürfen. Neben einigen Vorteilen gibt es jedoch etliche Nachteile. Vorteile wie Hilfe bei der Strukturierung und der Formulierung stehen aus meiner Sicht gravierende Nachteile in Sachen Datensicherheit und offene Rechtsfragen gegenüber. Hinzu kommen Mängel in puncto Persönlichkeit, Relevanz, Genauigkeit und Kreativität. Zu urheberrechtlichen Fragen von KI-generierten Texten im Allgemeinen gibt es bereits etliche Abhandlungen. Was aber, wenn man sich eine Bewerbung von einer Künstlichen Intelligenz schreiben lässt, bei der personenbezogene Daten im Spiel sind? Ich dachte mir: Wer sollte die Frage, ob man seine Bewerbung von ChatGPT schreiben lassen darf, nicht besser beantworten können als die KI selbst?
Also habe ich eine entsprechende Anfrage an ChatGPT von OpenAI geschickt und folgende Antwort erhalten (abgerufen am 11.01.2024):
Auf die rechtlichen Aspekte geht die KI mit dieser ersten, sehr einfach gestellten Frage noch nicht ein. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Rechtsfragen sind erheblich. Doch dazu weiter unten mehr.
Chatbot ist nicht gleich Chatbot
Die Frage, ob ChatGPT meine Bewerbung schreiben kann, habe ich auch an den AI-Text-Generator „Magic Write (TM)“ der Design-Plattform Canva geschickt. „Magic Write (TM)“ wird gemäß Canva von OpenAI unterstützt. Dieses Tool ist um keinen Deut schlechter als ChatGPT, im Gegenteil. Zu diesem Thema lieferte es für meinen Geschmack Inhalte, die wesentlich näher an der Praxis sind.
So schreibt „Magic Write (TM)“ von Canva zur gleichen Fragestellung unter anderem:
„[…] Außerdem können einige Arbeitgeber bei der Entdeckung, dass Ihre Bewerbung von einer Drittpartei geschrieben wurde, skeptisch werden. Es ist daher empfehlenswert, Ihre Bewerbung selbst zu schreiben oder professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, aber sicherzustellen, dass Sie die Kontrolle über den Inhalt und die Präsentation Ihrer Bewerbung behalten.“
Danke Magic Write (TM), du bist mir sympathisch! Das Tool weiß, dass man sich professionelle 1:1-Unterstützung bei einer Bewerbungsschreiberin wie mir holen kann und rät gleichzeitig zur Vorsicht. Es besteht immer das Risiko, dass KI-Modelle ungenaue oder irrelevante Inhalte liefern – eine sorgfältige Überprüfung und eine Anpassung des Outputs ist in jedem Fall ratsam!
Bewerbung von ChatGPT schreiben lassen: Nur das Anschreiben oder auch den Lebenslauf?
Möglich ist tatsächlich beides. Was es braucht, sind spezifische Anweisungen an die KI, eigenes, vernetztes Denken und auch Zeit, um am Ende optimale Unterlagen bereitgestellt zu bekommen.
Brauchen Sie ein passgenaues Anschreiben von ChatGPT, empfiehlt es sich, die KI mit folgenden Daten zu füttern:
- Text der Stellenausschreibung mit den Anforderungen, die an den Bewerber, die Bewerberin gestellt werden
- Relevante Informationen zum Unternehmen der Wahl wie die Branche, den Firmensitz und den Unternehmensschwerpunkt
- Ihre Motivation für die Stelle und das Interesse für das stellenausschreibende Unternehmen; Spoiler: Wenn Sie möchten, dass das Schreiben authentisch wird, sollten Sie sich im Vorfeld einige Gedanken zu diesem Punkt machen und sich nicht auf generische Inhalte des KI-Systems verlassen.
- Spezielle Anliegen oder Daten, die in das Schreiben aufgenommen werden sollen, wie der ehestmögliche Arbeitsbeginn oder die Frage nach individuellen Arbeitszeiten
- Möglich ist es auch, den Lebenslauf hochzuladen. Aber Achtung! Wollen Sie das wirklich? Bitte beachten Sie: Ein Lebenslauf enthält personenbezogene und mitunter sensible Daten. Wollen Sie diese tatsächlich an ein amerikanisches Unternehmen wie OpenAI weiterleiten? Haben Sie auch überprüft, ob Sie im Lebenslauf nicht irgendwelche Interna ausplaudern? Wenn ja, kann das noch Jahre später rechtliche Konsequenzen mit sich bringen.
Die Mängel eines von einem KI-System erstellten Anschreiben
Als neugierige Bewerbungsschreiberin habe ich ChatGPT auch schon darum gebeten, probehalber ein ansprechendes Anschreiben zu verfassen. Was dabei herausgekommen ist, entspricht genau dem, wovor ChatGPT selbst warnt. ChatGPT schreibt ganz offen darüber, woran es den KI-generierten Schreiben mangelt. Zusammengefasst sind dies die relevantesten Argumente gegen ein KI-generiertes Anschreiben:
- Personalisierung. Einen persönlichen Ansprechpartner zu nennen ist immer besser als die unpersönliche Formulierung „Sehr geehrte Damen und Herren“.
- Originalität. KI-generierte Anschreiben sind voll mit langweiligen Textbausteinen. So gut wie jedes Anschreiben, das ChatGPT erstellt, beginnt mit dieser Einleitung: „Mit großem Interesse habe ich Ihre Stellenanzeige gelesen.“ Ein Satz aus der Bewerberfloskel-Hölle!
- Individualität. Viele Fans der deutschen Sprache teilen mit mir diese Meinung: Man erkennt rasch, ob ein Text von einer KI verfasst wurde oder nicht. Sprachlich fehlt dem Anschreiben eine persönliche Note. Ganz fatal, wenn auch der Lebenslauf hochgeladen wird: Das KI-generierte Anschreiben wiederholt, was bereits im Lebenslauf steht. Gähn!
- Sicherheit bei der Interpretation des Inputs. Das Herausfiltern von genannten Stärken und persönlichen Eigenschaften fällt der KI (noch?) schwer. Das kann sich nachteilig auf die schriftliche Präsentation Ihrer Persönlichkeit auswirken!
- Passgenauigkeit. Ein Anschreiben muss immer auf die in der Stellenanzeige genannten Anforderungen eingehen. ChatGPT kann das (noch?) nicht. Die Aussagen sind stets allgemein gehalten. Die KI kann offensichtlich die geforderten Qualifikationen mit den im Lebenslauf genannten Kompetenzen nicht matchen. Aus meiner Sicht ist auch das ein Merkmal, an dem man erkennt, dass der Text von einer KI geschrieben wurde.
Fazit: Um ein gutes Anschreiben von ChatGPT zu erhalten, braucht es im Vorfeld die Auseinandersetzung mit den richtigen Fragen und Daten für die KI, ganzheitliches Denken, Zeit und Geduld beim Ausprobieren. Zeit benötigen Sie ebenso für die Nachbearbeitung, denn es schleichen sich immer wieder inhaltliche und grammatikalische Fehler ein. Am Ende ist auch ein gewisses Maß an Schreib-Erfahrung erforderlich, um das Anschreiben an den Stellen zu optimieren, die die größte Wirkung erzielen sollen.
Den Lebenslauf von einer KI schreiben lassen: Ist das überhaupt sicher?
Wie bereits erwähnt ist es möglich, sich auch den Lebenslauf von einem KI-System wie ChatGPT schreiben zu lassen. Das funktioniert allerdings nur in mehreren Schritten:
- Sammeln der Daten. Sie müssen alle Daten parat haben, die es braucht, um Ihren Lebenslauf von ChatGPT schreiben zu lassen: persönliche Daten, beruflicher Werdegang, Ausbildung, Kernkompetenzen, Hard und Soft Skills, Wechselmotivation, Berufsziel.
- Chatten. Für ein umfangreicheres Werk tritt man mit ChatGPT in eine Unterhaltung ein – man „chattet“ eben. Mit einem Bot. Um einen brauchbaren Lebenslauf zu bekommen, müssen Sie der KI in einzelnen Schritten klare Anweisungen geben. Die Verbesserungen erfolgen kleinteilig, was mühsam werden kann.
- Eigene Überarbeitung. Das Ergebnis, das Sie von einem KI-System erhalten, werden Sie in mehrerer Hinsicht selbst überarbeiten müssen. Achten Sie auf folgende Punkte:
- Layout: Stand Januar 2024 hat ChatGPT noch Schwierigkeiten dabei, den Lebenslauf in ein klares und übersichtliches Format zu bringen, das den Arbeitgebern schnell und einfach die Informationen liefert, die sie suchen.
- Daten: ChatGPT oder ein anderes KI-System kann versehentlich falsche Informationen in den Lebenslauf aufnehmen, wenn er nicht ordnungsgemäß programmiert oder kalibriert ist. Das Ergebnis ist unbedingt auf Wahrheit zu überprüfen! Die Verantwortung für die Richtigkeit der Informationen und die Auswahl relevanter Details liegt immer bei Ihnen.
- Grammatik und Rechtschreibung: ChatGPT oder ein anderes KI-System können mitunter Sätze mit einer falschen Grammatik und Rechtschreibung liefern, insbesondere dann, wenn es um komplexe Sätze geht.
- Fokus: ChatGPT oder ein anderes KI-System können Schwierigkeiten haben, den Fokus auf die relevanten Fähigkeiten und Erfahrungen zu richten, die für die Stelle ausschlaggebend sind.
Der Klarheit halber möchte ich hinzufügen, dass es mittlerweile Anbieter gibt, die mit fertigen digitalen Vorlagen und mit Hilfe von KI-Tools Lebensläufe erstellen. Inhalte und Design lassen sich hier natürlich wesentlich einfacher und schneller anpassen als in einem Prozess, den Sie mit einem Anbieter wie ChatGPT eingehen. Ein Nachteil kann jedoch sein, dass die Vorlagen dieser Anbieter nicht tauglich für einen CV Parser sind.
Meine Bedenken zur Daten- und Rechtssicherheit
Ich habe große Bedenken zur Daten- und Rechtssicherheit, wenn ChatGPT oder ein anderes KI-System Bewerbungsunterlagen erstellt. Ich empfehle Ihnen, folgende Punkte zu bedenken:
- Richtigkeit der Daten. Es obliegt Ihrer Verantwortung, alle Daten und Fakten genau zu prüfen, die ein KI-System für Sie zusammenfasst. Wie weiter oben beschrieben, sind die Systeme noch fehleranfällig. Alle Daten müssen korrekt sein, sonst machen Sie sich strafbar.
- Urheberrecht. Dazu gibt es zwei Aspekte:
a. Wenn ChatGPT Ihren Lebenslauf schreibt, müssen Sie sicherstellen, dass alle Inhalte original sind und nicht gegen das Urheberrecht verstoßen. Wenn Sie beispielsweise Texte oder Bilder aus dem Internet kopieren, kann eine Verletzung des Urheberrechts vorliegen. In jedem Fall müssen Sie den Urheber im Text nennen.
b. Laut dem Businessnetzwerk XING sind als Urheber vor Gericht bislang nur natürliche Personen zugelassen. Wie man mit Outputs von KI-Systemen verfährt, ist Stand Januar 2024 noch nicht geklärt. - Datenschutz. Auch hier gibt es mehrere Aspekte:
a. Sie „bezahlen“ den Gratis-Text zumindest mit Ihrer E-Mail-Adresse.
b. Wenn Sie sich Ihre Bewerbung von ChatGPT schreiben lassen, geben Sie mitunter vertrauliche und personenbezogene Daten an das amerikanische Unternehmen OpenAI weiter. Achtung auch auf Firmeninterna! Sollten Sie den Text eines Arbeitszeugnisses hochladen, laufen Sie Gefahr, Firmengeheimnisse weiterzugeben. Mit der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags haben Sie sich zur Verschwiegenheit verpflichtet. So kann das Weiterleiten von Firmen- und Kundendaten noch Jahre später rechtliche Konsequenzen mit sich bringen!
Künstliche Intelligenz: Wir gestalten unsere Zukunft mit!
Letzten Endes stelle ich mir die Frage, wie sicher es für unsere gemeinsame Zukunft ist, ein KI-System zu nähren, das von jeder Eingabe und von jedem Chat lernt, in dem persönliche Daten enthalten sind.
Als Bewerbungsschreiberin mit Sitz in Österreich halte ich mich an alle Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSVGO). Vor der Auftragserteilung informiere ich meine Interessent:innen, wie ich den Schutz ihrer Daten gewährleiste. Ich möchte als seriöse und professionelle Anbieterin wahrgenommen werden – was ich auch bin! Wenn auch Sie mit dem Gedanken spielen, sich Ihre Bewerbung von einer „echten“ Person und nicht von einem Chatbot schreiben zu lassen, kontaktieren Sie mich gerne! Alles beginnt mit einem unverbindlichen und kostenlosen ersten Austausch. Ich freue mich auf Sie!